Weekend Magazin Burgenland Eisenstadt 2025 KW10

INTERVIEW

KARL MARKOVICS „Ich habe keine Helden und glaube nicht daran“ PERSÖNLICHES. Karl Markovics gehört zu den vielseitigsten Künstlern Österreichs. Im Interview spricht der Schauspieler über Grundprinzipien, das Leben und den Tod sowie über die Bedeutung seiner Familie für seinen beruflichen Erfolg. Von Andreas Hamedinger

S ie sind Schauspieler, Drehbuchautor, Re gisseur und vieles mehr. Wie kann man so vielseitig sein? Markovics: Indem man sich für mehr als nur eine Sache interessiert. Man kann aber auch sagen: Spielen, Schrei ben, Regieführen gehören so eng zusammen, dass es nahe liegend ist, sich mit allen dreien zu beschäftigen. Es hat aber auch große Vorteile (Synergien). Der Drehbuch autor arbeitet für den Regis seur in mir vor und beide für den Schauspieler. Sie haben unlängst das Buch „Nachtflug“ von An toine de Saint-Exupéry als Hörspiel vertont. In dem Werk geht es unter anderem darum, dass das Befolgen von Regeln wich tiger ist als das Menschle ben. Entwickelt sich unse re Gesellschaft Ihrer Mei nung nach zurzeit in diese Richtung? Markovics: Ich tue mir schwer mit Verallgemeinerungen. Deshalb kann ich nicht sa gen, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwi ckelt. Tatsache ist, dass abso lutistische, diktatorische Re gime dazu tendieren.

Die Interpretation der Ge schichte ist also falsch? Markovics: Es geht darin vor allem darum, wie weit ein Einzelner Verantwortung für viele übernehmen kann, darf oder soll. Und das ist eine entscheidende, gleichzeitig schwer zu beantwortende

überkommen geglaubte Ver gangenheiten – Nationalis mus, Großmachtstreben, ethnische Einheit –, gleich zeitig sind sie übervorsichtig, was die einst modernen Grundprinzipien Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit anbelangen.

der Regel erkauft wird und wie viel Glück oft im Spiel ist, dass eine Heldentat nicht eine Unmenschenhandlung wur de. Der eigentliche Held in der Erzählung „Nachtflug“ ist auch nicht der Pilot Fabien, sondern Rivière, der Leiter der Postfluglinie. Er muss sich

„Viele Gesellschaften klammern sich wagemutig an überkommen geglaubte Vergangenheiten. Karl Markovics, Schauspieler

In „Nachtflug“ geht es auch um das Thema Hel den. Wer ist ihr persönli cher Held? Markovics: Ich habe keine Helden und glaube nicht dar an. Schon das klassische Hel denideal war eine Schimäre, ein Wunschtraum – eben ein Ideal. Liest man die Illias, wird einem schon nach we nigen Zeilen klar, mit wie viel Blut Heldentum in

Frage. Es geht dabei immer auch um Fortschritt versus Konservativismus, bezie hungsweise Wagemut gegen über Vorsicht. Um wieder auf unsere Zeit und „unsere Ge sellschaft“ zurückzukom men: Es scheint das Gefühl für Wagemut und Vorsicht verloren gegangen, besser durcheinandergekommen zu sein. Viele Gesellschaften klammern sich wagemutig an

FOTO: MORITZ SCHELL

Markovics goes Hollywood Die Hauptrolle des Salomon Sorowitsch in Stefan Ruzowitzkys Film „Die Fälscher“ war Markovics’ größter internationaler Erfolg.

FOTO: FOTO DOSTAL

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