CHEFINFO 07_2024 September
WIRTSCHAFT
5 Millionen Besucher verzeichnet
das Passage City Center pro Jahr.
Städtisches Leerstandsmanagement
Hajart, zuständig für Mobilität und Ver kehr. Herausforderungen, die in Zahlen gegossen sind: „Wir sehen im Zehnjah resvergleich, dass die Wochenfrequenz abnimmt. 2003 wurden in denselben Zeiträumen 215.500 Passanten gezählt, 2013 waren es 199.400 und 2023 nur noch 164.200.“ „Broken Window Theory“ Die Stadt hat die Zeichen erkannt und schnürt nun ein Bündel von Maßnahmen, das in einem Innenstadtkonzept zusam mengefasst wird. „Wir wollen die Auf enthaltsqualität derart gestalten, dass die Menschen gerne in die Innenstadt kom men und sich auch gerne dort aufhalten“, verrät Planungsstadtrat Dietmar Pram mer. Im Fokus steht der südlich ab der Mozartkreuzung liegende Bereich der Landstraße. Martin Hajart zitiert die „Bro ken Window Theory“ der US-Sozialfor scher James Wilson und George Kelling. Diese besagt, dass zerbrochene Fenster scheiben sofort repariert werden müss ten, weil sie sonst eine Negativspirale von Zerstörung und Abwertung in Gang
Um neue Geschäfte in die Innenstadt zu locken, soll ein von Experten vor geschlagenes Leerstandsmanagement implementiert werden. „Das ist als City Management schon einmal versucht worden, hat aber nicht so gut funktio niert und wurde wieder eingestellt. Wir sind auch im Gespräch mit dem City Ring, hier eine Stelle zu schaffen, die sich um Leerstände proaktiv kümmert und Kontakte knüpft, um Vermieter und Ver pächter anzusprechen“, so Prammer. Das soll auch Auswirkungen auf den Bran chenmix haben. Prammer wünscht sich mehr Lebensmittelangebote jenseits der großen Ketten und einen hochqualitati ven Herrenausstatter: „Linz war in den 1950er-Jahren Hochburg der Herren schneiderei. Auch die eine oder andere internationale Modemarke täte der Innenstadt gut.“ Die Qualität der Gas tronomie sei gestiegen, so Prammer, wenngleich Hajart sich optisch ansehn lichere Schanigärten wünscht. „Hier könnten wir als Stadt Investitionszu
setzt. „Im südlichen Teil der Landstraße haben wir Probleme mit Randgruppen wie Obdachlose, Suchtkranke bzw. Sinti und Roma, vor allem im Volkspark, im Bahnhofspark oder am Schillerpark. Die ser Probleme müssen wir uns professio nell annehmen. Wien hat das gut gema nagt, in Linz bleiben diese Menschen oft sich selbst überlassen.“ Ein Obdachlo senheim mit Einzelzimmern, statt bisher mit Mehrfachbelegungen, könnte diese Randgruppen von der Straße fernhalten. Damit sollen auch wieder die Qualität der Geschäfte erhöht und der Branchenmix diversifiziert werden. Begegnungszonen, Begrünungen, Sauberkeit und mehr Sitz gelegenheiten sollen neue Klientel anzie hen. „Etwa mehr Familien mit Kindern. Die Landstraße soll zur Kinderlandstraße werden.“ Stundenweise Kinderbetreuung, wie man sie aus den großen Einkaufszen tren kennt, und mehr Bewegungsräume für Kinder sollen dazu beitragen.
Konsum findet Stadt INNENSTADTBELEBUNG. Die Stadt Linz arbeitet an einem ambitionierten Konzept zur Attraktivierung der Innenstadt. Ein Bündel von Maßnahmen soll wieder mehr Menschen in die Stadt locken. Wie stehen die Geschäftsinhaber dazu?
Die Leerstandsquote ist mit 4,1 Prozent noch immer viel niedriger als in anderen Städten, aber wir kennen die Herausforderungen.
TEXT: Jürgen Philipp
Ä ltere Linzer kennen das: Die Rutsche in der Schuhhand lung Gerlinger, die Spielauto maten im Passage, das Karussell bei Eiler Schuhe, die Rolltreppe im Donaukauf haus am Hauptplatz – die erste ihrer Art in Oberösterreich überhaupt. Statt in ein Modehaus ging man zum „Landa“, benötigte man Sportartikel zum „Eybl“. Namen, die für Branchen standen. So wie die Spielzeughandlung Bayerl oder der Hobby Sommer. Zwei der wenigen letzten Geschäfte dieser Art, die noch
Martin Hajart Linzer Vizebürgermeister
heuer bzw. Anfang 2025 die Pforten schließen. Die Gründe sind verschie den: mangelnde Nachfrage, Preiskampf,
hohe Mieten, Pensionierungen oder feh lende Nachfolger. Handel ist eben Wan del. „Die Landstraße ist nach wie vor
schüsse gewähren, um das Gesamtbild zu verbessern. Wir wollen aber nicht überall eingreifen, doch die Gestaltung des öffentlichen Raums ist unsere Kern aufgabe.“ Dazu zählen auch die Verkehrs ströme. Sichtbar wird das bereits im Oktober sein, wenn der Hauptplatz auto frei werden wird. „Eine Einkaufsmeile darf keine Durchzugsstraße sein. Ziel ist es, die Zahl der Fußgänger und damit der Konsumenten zu erhöhen.“ Ô
eine der Top-Einkaufs straßen in Österreich. Die Leerstandsquote ist mit 4,1 Prozent noch immer viel nied riger als in anderen Städten, aber wir ken nen die Herausforde rungen“, erzählt Vize bürgermeister Martin
Wir wollen die Aufenthaltsqualität derart gestalten, dass die Menschen gerne in die Innenstadt kommen und sich auch gerne dort aufhalten.
Dietmar Prammer Linzer Stadtrat
FOTOS: NARVIKK / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, © ZOE GOLDSTEIN FOTOGRAFIE FOTO: HERMANN WAKOLBINGER
28 | CHEFINFO | 7/2024
7/2024 | CHEFINFO | 29
Made with FlippingBook Digital Publishing Software