CHEFINFO 07_2024 September

WIRTSCHAFT

WIRTSCHAFT

Mietpreisbremse für Geschäfte? Alexander Stelzer, Inhaber der Buch handlung Alex am Hauptplatz, die er seit 1987 betreibt, bleibt ein wenig skeptisch: „Der Durchzugsverkehr am Hauptplatz hält sich in Grenzen und die Straßen bahn fährt ja sowieso. Es ginge wahr scheinlich auch in Form einer Begeg nungszone. Für das Geschäft spielt es wahrscheinlich keine Rolle. Ich habe hauptsächlich Stammkunden.“ Stelzer gibt aber zu bedenken, dass der Platz dann auch „bespielt“ werden müsse. „Wird der Hauptplatz dann ein Event platz? Es gibt bereits viele große Events, die uns aber nicht viel bringen.“ Für Stel zer liegen die Ursachen sinkender Fre quenz in oft zu hohen Geschäftsmie ten. „Der ehemalige Nespresso Shop im Schmidttor steht schon drei Jah re leer, dabei wäre das ein großarti ges Lokal. Vielleicht bräuchte es so etwas wie eine Art Mietpreisbremse.“ Das hätte auch Auswirkungen auf den

Branchenmix. „Meine Theorie ist: Mit jedem Geschäft, das zusperrt, gehen die Kunden nicht woanders hin, sondern verschwinden mit ihnen. In den letzten Jahren haben einige Buchhandlungen in Linz geschlossen, es kamen keine neuen nach. Die ehemaligen Kunden finden neue Kanäle.“

Gleich nach dem öffentlichen Bekannt werden der Pleite der Modekette Esprit, die auch im Passage untergebracht war, meldeten sich die ersten Interessenten bei Centermanagerin Julia Kretz. Der Branchenmix, die Lage und die Park möglichkeiten sind für sie die wichtigs ten Assets. Doch auch für das erfolgsver wöhnte Haus gilt: „Handel ist Wandel.“ Deshalb erfindet sich das im Besitz der deutschen Hotelgruppe HR Group befindliche Einkaufszentrum gerade neu. „Für das Jahr 2025 ist eine umfassende Modernisierung der Passage geplant, die bei laufendem Betrieb stattfinden wird. Derzeit befinden wir uns in der intensi ven Planungsphase für diesen Relaunch, der sowohl architektonische als auch gestalterische Neuerungen sowie eine Neuausrichtung der Mieterstruktur beinhaltet“, erklärt Barbara Harrer von BH Consulting Solution, die als externe Projektleiterin den Relaunch durchführt. „Es ist erfreulich, dass bereits viele Anfra gen vorliegen. Wir sehen uns als Zugpferd in der Linzer Innenstadt. Fast jeder ver bindet eine Geschichte mit der Passage. Der Relaunch wird die gesamte Innen stadt beleben“, ist Kretz überzeugt. Für sie rückt die Stadt als sozialer Treffpunkt wieder verstärkt in den Mittelpunkt. „Es gibt viele Menschen, die das ‚Echte‘ wol len, denen es in der Innenstadt besser gefällt.“ Um diesen Trend fortzusetzen, ist für sie daher die Belebung der Innen stadt durch größere Veranstaltungen sowie kleinere Events von großer Bedeu tung. „Mittelfristig soll Linz als attraktiver Standort bekannter werden, um internati onale Mieter und große Einzelhandelsket ten anzuziehen, die die Stadt bisher noch nicht im Fokus haben.“ Bangen um Laufkundschaft Als weniger im Fokus stehend, sieht sich Anneliese Stark. Sie gilt als Urgestein der Linzer Unternehmerszene. „Ich bin noch eine vom alten Schlag“, meint die gelernte Floristin, die seit 1981 selbststän

Wenn jemand vorbeifährt und keinen Parkplatz findet, fährt er zum nächsten Geschäft.

Rudolf Stark Blumen Stark

Aus 55 Parkplätzen … Blumen Stark lebt von treuen Stamm kundschaften. Stammkundschaften, die öfters auch große Kränze, Gestecke und schwere Blumenarrangements ordern. „Die kann man nicht durch die halbe Stadt tragen.“ Und ein weiteres prakti sches Problem kommt dazu. „Wir wer den täglich frisch von einem Linzer Großhändler mit Schnittblumen belie fert. Einmal pro Woche mit Topfpflan zen.“ Sind die Halteplätze voll, heißt es warten. Findet der Lieferant eine Lücke, ist man mit dem Ausladen nicht ein fach in zehn Minuten fertig. „Man hat uns zwar versichert, dass man ein Auge zudrücken würde, aber das wird man erst sehen.“ … werden zwei Halteplätze Ursprünglich war in der Lederergasse eine Begegnungszone geplant. „Damit hätten wir gut leben können. Es sind Schulen und Kindergärten rundherum, da kann man ohnehin nicht schnell fah ren.“ Rudolf Stark ärgert zudem, „dass den neuen großzügigen Radweg kaum ein Radfahrer zu nutzen scheint. Die allermeisten fahren weiterhin auf der Straße.“ Und noch etwas stößt ihm sauer auf: „Es kam die Aussage, dass wir uns halt umorientieren müssten.“ Umorientieren auf einem Standort, den die Familie seit 46 Jahren betreibt. Trotz des verständlichen Frusts zieht Anne liese Stark ein versöhnliches Fazit: „Die Innenstadt hat sich durchaus positiv entwickelt.“ Mit dem neuen Innenstadt konzept soll diese Entwicklung ihre Fortsetzung finden. n

Meine Theorie ist: Mit jedem Geschäft, das zusperrt, gehen die Kunden nicht woanders hin, son dern verschwinden mit ihnen.

Alex Stelzer Buchhandlung Alex

Fünf Millionen Kunden Kein Problem, Leerstände zu befüllen, hat das Linzer Passage City Center. 1963 am heutigen Standort eröffnet, zieht es rund fünf Millionen Kunden pro Jahr an.

Quasi „über Nacht“ fielen 55 Parkplätze in der Lederergasse einem Radweg „zum Opfer“. Rudolf Stark von Blumen Stark ist demensprechend wenig erfreut.

beraten und bestellen dann im Internet.“ Und dann gäbe es noch unvorhersehba re Faktoren, die Geschäften das Leben schwer machen, wie die Starks kürzlich feststellen mussten. Ein Fahrradweg ent stand „faktisch über Nacht“ vor ihrer Geschäftstüre. „Wir bekamen vorher nur ein Informationsschreiben der WKO, dass etwas geplant sei. Niemand war einge bunden, auch nicht die Bewohner rund herum“, erzählt Rudolf Stark. Der Effekt: 55 Parkplätze mussten weichen. Nur noch zwei Halteplätze gibt es vor dem Haus, nur zehn Minuten dürfen die Kunden halten.

dig ist. Die Familie betrieb in dieser Zeit eine Trafik, mehrere Blumengeschäfte, einen Baggerverleih und den – bei Lin zer Teenagern der 80er- und 90er-Jahre in legendärer Erinnerung bleibenden – Spielsalon „Come In“. Heute führt sie mit ihrem Sohn Rudolf in der Lederergasse – abseits der hochfrequenten Landstraße – „Blumen Stark“. Sie kennt die altein gesessenen Unternehmerfamilien in der Innenstadt und es ist ihr leid um jedes ein zelne Traditionsgeschäft, das seine Pfor ten schließt. „Es geht vielen Fachgeschäf ten wie uns. Kunden kommen, lassen sich

Diese teilt man sich mit der Pizzeria Adria, dem angrenzenden Billa sowie einem Ärz tezentrum. Das kostet Laufkundschaft. „Wenn jemand vorbeifährt und keinen Parkplatz findet, fährt er zum nächsten Geschäft.“

Fast jeder verbindet eine Geschichte mit der Passage. Der Relaunch wird die gesamte Innenstadt beleben.

Julia Kretz Centermanagerin Passage City Center

Der Standort von Alex Stelzers Buchhandlung am Hauptplatz wird ab Oktober autofrei sein. Auswirkungen auf sein Geschäft sieht er nicht.

FOTO: ALEX – EINE BUCHHANDLUNG

FOTOS: HERMANN WAKOLBINGER, KNEIDINGER-PHOTOGRAPHY

30 | CHEFINFO | 7/2024

7/2024 | CHEFINFO | 31

Made with FlippingBook Digital Publishing Software