Weekend Magazin Oberösterreich Blickpunkt Wels 2025 KW19

STORYS

jedoch sowohl aufseiten der Bevölkerung als auch in der Politik eine begrenzte Bereit schaft zu grundlegenden Re formen erkennbar. „Es ist sehr schade, dass sich auch in der gegenwärtigen Regierung noch keine Einhelligkeit be treffend notwendige struktu relle Maßnahmen, insbeson dere im Pensionsbereich, ab zeichnet“, kritisiert Fiskalrats präsident Badelt. Allerdings würden zumindest einige klei nere Schritte (z. B. Korridor pension) gesetzt. Viele Men schen, die über Jahrzehnte in das System eingezahlt haben, stehen Leistungskürzungen oder einer längeren Lebensar beitszeit kritisch gegenüber. Gleichzeitig besteht auf politi scher Ebene das Bestreben, die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren. Da ältere Men schen mittlerweile die größte Wählergruppe darstellen, sind tiefgreifende Veränderungen im Pensions- oder Gesund heitssystem politisch schwer durchsetzbar. V

alter in eine Direktpension be trug 2023 bei Männern 62,2 Jahre und bei Frauen 60,2 Jah re“, so Fuchs. Geschieht hier nichts, rechnet der Fiskalrat mit einem rein demografisch bedingten Anstieg des Budget defizits um 2 bis 3 Prozent pro Jahr. Als Ausweg sehen Exper ten etwa eine Koppelung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung oder eine Verschärfung der Zugangs bedingungen bei der Früh pension. Gesund im Alter Ein weiterer Kostenfaktor, der das Budget belastet, sind die steigenden Gesundheitsausga ben. 2019 war die Generation 60+ für mehr als die Hälfte der Aufwendungen verantwort lich. Auch hier wird die demo grafische Entwicklung dafür sorgen, dass die Ausgaben wei ter steigen – die parallel eben falls explodierenden Kosten für die Pflege noch gar nicht eingerechnet. Hinzu kommt, dass ältere Menschen in Ös

Ein Blick in die Zukunft? Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2060 jeder dritte Mensch älter als 65 Jahre sein wird.

deutlich unter dem EU-Durch schnitt liegen. „Heute kom men auf eine Person ab 65 Jah ren rund drei Personen im Er werbsalter. Ab dem Jahr 2042 wird dieses Verhältnis voraus sichtlich auf etwa zwei zu eins zurückgehen“, erklärt Fuchs. Durch die Attraktivierung der Vollzeitbeschäftigung und die Förderung der Erwerbstätig keit Älterer könnte hier gegen gesteuert werden. Viele Möglichkeiten, wenig Wille Es bedarf einer engen Zusam menarbeit zwischen Bevölke rung und Politik, um die lang fristige Stabilität des Sozial staats zu sichern. Derzeit ist staats und um eine adäqua te Reaktion auf das Faktum, dass wir viel länger leben als vor einigen Jahrzehnten. In aktuellen Prognosen war nen Sie vor einem höheren Defizit 2025. Wie stark ist dieses Defizit tatsächlich auf demografische Faktoren zu rückzuführen? Der demografische Effekt der aktuellen Budgetsitua tion dürfte noch keine sehr große Rolle spielen – aber sowohl die Gesundheitsaus gaben als auch andere So zialausgaben wachsen unter anderem aufgrund der De

terreich weniger gesund sind als ihre Altersgenossen in an deren Ländern. Die neue Bun desregierung setzt hier erste Maßnahmen: ÖVP, SPÖ und NEOS haben sich darauf ge einigt, den Krankenversiche rungsbeitrag für Pensionisten auf 6 Prozent anzuheben. Fokus Arbeitsmarkt Das alles führt zum Kern des Problems: Die Erwerbstätigen können den „Generationen vertrag“ nur noch mit Mühe erfüllen. Das liegt nicht nur an der Alterung der Gesellschaft, sondern auch daran, dass die Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen (46,3 Prozent) und die Vollzeitquote in Österreich

SHORT TALK

Tickende Zeitbombe?

Sie haben in der ORF-Presse stunde kürzlich von einer „demografischen Bombe“ ge sprochen. Kann man diese noch entschärfen? Die demografischen Verän derungen können Sie poli

mografie. Die größeren Ef fekte stehen aber erst bevor.

Wenn Sie in die Zukunft bli cken: Was passiert, wenn wir die Probleme rund um die Überalterung ignorieren? Meine Aufgabe ist es, das aus finanzpolitischer Sicht zu kommentieren. Und da kann ich nur sagen, dass sich die Budgets der kom menden Jahre und Jahr zehnte immer schwerer er stellen werden lassen. Dann werden Konsolidierungs maßnahmen nötig sein, die gegenwärtig schwer vorstell bar sind.

tisch nicht verändern – wenn, dann nur durch

Migration, was aber bekannt lich nicht sehr populär ist.

Inwiefern ist das aktuelle Pensionssystem Ihrer Mei nung nach ungerecht gegen über jüngeren Generationen? Es geht hier nicht so sehr um Gerechtigkeit als um die Finanzierbarkeit des Sozial

Christoph Badelt Präsident Fiskalrat

FOTOS: SYMBOLBILD ERSTELLT MIT CHAT GPT, OENB

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