Weekend Magazin Oberösterreich Blickpunkt Vöcklabruck & Gmunden 2025 KW12

LEBENSART

SHORT TALK

Im Dialog bleiben

Wie viel Platz sollten zwei Menschen, die sich lieben, der Politik einräumen? Es gibt hier kein richtig oder falsch. Für einige Paare sind politische Diskussionen be reichernd. Sie können stundenlang angeregt miteinander debattieren. Bei anderen führen unterschiedliche politische Ansichten viel leicht schnell zum Streit. Dann ist es auch völlig okay, das Thema auszusparen. Im Englischen gibt es die schöne Redewen dung „let’s agree to disagree“. Das heißt, wir können beide akzeptieren, dass wir in dieser oder jener Frage eben eine andere Sicht auf die Welt haben. Dafür gibt es im Deutschen gar keine Übersetzung, wohl weil wir hierzu lande unser Gegenüber lieber überzeugen wollen, notfalls mit Gewalt. Daran hat unsere katholische Geschichte ebenso Einfluss wie die k. u. k. Monarchie, wo die Meinungsviel falt nicht gerade als hoher Wert galt. Sinkt die Toleranz? Ja, leider. Wir empören uns zwar gerne, blei ben aber auch gerne in unserer eigenen „Meinungsbubble“. Das ist schade, denn oft lernen wir von Menschen, die anderer Auffas sung sind als wir selbst, viel mehr. Wichtig ist: Eine Beziehung darf nie zur Meinungs- diktatur werden. Jeder und jede hat ein Recht, die Welt und das Leben unterschied lich zu sehen und Dinge anders zu machen. Wenn es mal kracht: Wie kann ein Kompromiss ausschauen?

Die Politikwissenschaft sagt: Männer und Frauen ticken bei Wahlen häufig anders, nähern sich aber derzeit wieder an.

merkt Politikwissenschafts-Ikone Peter Filzmaier auf Anfrage an. Ak tuell stimme diese These nicht mehr – oder nur in sehr abge schwächter Form. Dass die Schere weiter auseinandergeht, kann auch Alexandra Siegl von Peter Hajek Public Opinion Strategies gegen über Weekend nicht bestätigen. „Geschlecht ist von Relevanz, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie man meinen könnte“, meint die Expertin mit Blick auf ihre Wahl tagsbefragung 2024: Parteien, die bei den unter 30-Jährigen stärker punkten konnten, waren Bier-Par tei, Liste Petrovic und KPÖ – aber ohne ganz klaren Geschlechterun terschied. Siegl: „Bier und Petrovic konnten eher junge Frauen anspre chen, die KPÖ aber stärker junge Männer.“ Konfliktkultur Ob nun die privaten Koalitionen halten, kann die Politikwissen schaft nicht beantworten. Psycho therapeut Wolfgang Wilhelm (mehr dazu im Interview) hat zu mindest eine goldene Regel parat: „Die Beziehung wird nur klappen, wenn beide die jeweils andere Mei nung zumindest als andere Mei nung akzeptieren können – let’s agree to disagree.“ V

der jungen Generation. Demnach wenden sich Frauen bis 30 immer weiter nach links, während alters gleiche Männer deutlicher nach rechts tendieren. Eine Wahrneh mung, die heimische Politikwis senschaftler nicht gänzlich teilen – und differenziert betrachten. „Die Unterschiede in den Einstel lungen verschwinden immer mehr“, meint Politikwissenschaft ler Reinhard Heinisch. Dennoch würde die weibliche Wählerklien tel seltener radikal rechten oder extremen Parteien ihre Stimme geben. Ein Grund sei in der Schwerpunktsetzung dieser politi schen Kräfte zu suchen, so der Ex perte. Vernachlässigt würden Themen, die für Frauen wichtig sind: etwa Gesundheit, Bildung und Umwelt. Auch das Auftreten der Rechten wäre wenig einla dend. „Hierarchisch, männerbün disch. Das signalisiert, dass Frau en in und mit solchen Parteien Bürger zweiter Klasse wären.“ Unterschiede nehmen ab Doch das „weibliche“ Wahlverhal ten scheint sich zu ändern. „Länge re Zeit war es so, dass die FPÖ stark überdurchschnittlich von jungen Männern gewählt wurde und viel weniger von Frauen“,

Wolfgang Wilhelm Psychothera peut

FOTOS: ISTOCK.COM/STOCKBUSTERS, FOTO WILKE

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