Weekend Karriere Wien 2024 KW38
LEHRE & KARRIERE
„DAS FRAGE RECHT DES ARBEITGEBERS HAT GRENZEN.” Michael Trinko, Arbeitsrechtsexperte beim Österr. Gewerkschaftsbund (ÖGB)
A drenalin. Aufregung. An spannung. Job-Interviews sind für die meisten von uns eine Ausnahmesitua tion, nicht nur für Be rufseinsteiger. Viele spielen schon zuhau se mögliche Fragen durch, bereiten sich akribisch vor, wollen mit Wissen und vielleicht sogar Witz im entscheidenden Dialog vor dem möglichen künftigen Ar beitgeber brillieren. Qualifikationen und eigene Qualitätssiegel – Stichwort: Cha raktereigenschaften – werden da rauf und runter gebetet. Was im Trockentrai ning aber meist nicht zur Sprache
Mehr Sensibilität. Immer wieder be kämen vor allem Frauen Fragen gestellt, die eigentlich unzulässig sind, so Trinko. „Im Zweifel müssen diese Fragen nicht beantwortet werden, sogar nicht die Wahrheit zu sagen, ist unter Umständen erlaubt.“ (siehe Kasten rechts!) Verboten sind auch Fragen zur ethnischen Her kunft. Die eigene Muttersprache darf aber thematisiert werden. Auch eigene Vorstrafen müssen nicht hinausposaunt werden – solange sie nicht im Zusam menhang mit der künftigen Tätigkeit stehen. Will man allerdings im Bank- und Finanzierungssektor beruflich Fuß fassen, muss man sich auch auf Fragen rund um mögliche Schulden gefallen lassen. Zahlen zu den schwarzen Scha fen, die mit unerlaubten Fragen, an Job-Kandidaten herantreten, werden nicht erhoben. Doch scheint das Prob lem nicht auszuufern. „Eine Steigerung der diesbezüglichen Sensibilität speziell in der Arbeitswelt ist meiner Ansicht nach durchaus spürbar“, sagt Savić. Wer jedoch das Gefühl hat, dass bei seinem oder ihrem Bewerbungsgespräch nicht alles einwandfrei über die Bühne gegan gen ist, bekommt Hilfe und Unterstüt zung, ergänzt Trinko. Etwa bei den Ge werkschaften beziehungsweise den Ju gendorganisationen der Gewerkschaften wie auch der Arbeiterkammer. V
kommt, sind „teuflische“ Fangfragen. Da runter fallen unter anderem im Gleichbe handlungsgesetz (GlBG) definierte Berei che, die mitunter zutiefst persönliche und intime Details berühren. Das ist tabu. „Verbotene Klassiker bei Vorstellungsgesprächen sind beispiels weise Fragen nach der Familienplanung, einem Kinderwunsch, der sexuellen Ori entierung oder der Religion“, informiert Biljana Savić, Expertin für Arbeitsrecht bei der AK Wien. Aber auch Erkundigun gen ideologischer Natur, wie die nach der Parteizugehörigkeit, sind tabu. „Natürlich hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, seine künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser kennenzulernen. Er hat in Vorstellungsgesprächen auch ein Fragerecht. Es hat aber dann Grenzen, wenn Diskriminierung ins Spiel kommt“, sagt Arbeitsrechtsexperte Michael Trin ko vom Österreichischen Gewerkschafts bund (ÖGB). „NATÜRLICH GIBT ES ARBEITGEBER, DIE SICH NICHT AN REGELN HALTEN.” Biljana Savic, Expertin für Arbeitsrecht, AK Wien
FOTOS: ÖGB /DEROO, LISI SPECHT, BEWERBUNGSGESPRÄCH: ISTOCK.COM/ ANTONIOGUILLEM
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