CHEFINFO 07_2024 September

68 Millionen Euro Gewinn erzielte Palfinger im 1. Halbjahr (+ 8 Prozent).

FINANZEN

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Rekordumsatz 2023. Für heuer verspürt Palfinger Gegenwind, Auftragszahlen brechen ein. Das Unternehmen setzt auf Wachs tumsmärkte USA & Co. und forciert neue Geschäftsfelder.

Arbeitszeiten abbildet. Dennoch kommu nizieren wir klar, dass bei Palfinger der Leistungsgedanke zählt. Aber Leistung muss sich auch lohnen. Das ist meine Forderung an die Politik, Mehrarbeit und Überstunden wieder attraktiv zu machen – bis hin zu älteren Arbeitnehmern, die in die Pension hinaus mit einem Senior Expert-Kontrakt tätig sein möchten. Apropos Politik: Ende September wird ein neues Parlament gewählt. Österreich verliert an Wettbewerbs fähigkeit, insbesondere die Industrie leidet. Was muss sich ändern? Klauser: Zunächst muss wieder zurück zum Gemeinsamen, zum Verbindenden gefunden werden. Man kann über eine große Koalition denken, was man will – aber Rot-Schwarz hat das rückblickend gar nicht so schlecht gemacht. Es hat einen breiten gemeinsamen Konsens gegeben – und über die restlichen 20 Prozent der Themen, wo man sich uneins war, wurde verhandelt. Heute liegt die gemeinsame Basis bei 20 Prozent und der Rest bildet sich in immer mehr politischen Splitter gruppen ab. Als ich damals als Manager in Italien tätig war, hat man über mich gelacht, warum ich mir ein Land mit so instabilen politischen Verhältnissen antue. Was ist dieses Gemeinsame, das es zu definieren gilt? Klauser: Ein schönes Land allein wird nicht reichen. Es geht um eine gut auf gestellte Wirtschaft, um Nachhaltig keit, um Industrie. Dafür muss Poli tik die Rahmenbedingungen schaffen. Es bedeutet auch weniger Bürokratie und Subventionen, die in der Regel den Wettbewerb verzerren. Auf der anderen Seite soll man Menschen mehr Eigen verantwortung zutrauen, anstatt sie mit strengen Kreditvergaberegeln wie der KIM-Verordnung in Geiselhaft zu neh men. Und wie erwähnt: Leistung muss sich wieder lohnen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mehr arbeiten, sol len das am Monatsende auch deutlich am Kontostand merken. n

serbischen Niš haben wir in ein Kompo nentenwerk mit 375 Arbeitsplätzen im Endausbau investiert. Diese Investitionen garantieren, dass Palfinger am Standort Österreich stabil bleibt. Wir haben als Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie auch Komponenten aus China wieder nach Europa zurückgeholt. Der zweitwichtigste Markt nach Europa sind die USA. Bald wird ein Drittel des Umsatzes von Palfin ger aus dieser Region kommen. Sie sind ein guter USA-Kenner. Worin unterscheiden sich die Vereinigten Staaten im Umgang mit Krisen von uns Europäern. Klauser: Ich vergleiche USA und Europa gerne mit Cowboys, die durch die Steppe reiten. Der Amerikaner stürzt zu Boden, prüft, ob er sich nichts gebrochen hat, klopft den Staub ab und reitet weiter. Sein europäischer Mitreiter, der an derselben Stelle aus dem Sattel fällt, sucht zuerst nach Hilfe und dann nach einem Schuldi gen, bevor es wieder weitergeht. Der Euro päer ist durch das soziale Umfeld und das sogenannte Bailing out of Europeans ver wöhnt. Im Zweifelsfall ist immer jemand da, der einem hilft. Gewisse Industrien in Europa funktionieren nur noch mit Sub ventionen. Das weckt Begehrlichkeiten und Anspruchsdenken. Aktuell steht in

Europa wieder vieles auf dem Prüfstand. Wir müssen den Gürtel nicht nur enger schnallen, sondern uns auch mehr ein bringen, um Probleme nicht nur theo retisch zu behandeln, sondern auch zu lösen. Die aktuelle Situation wird uns dazu zwingen. Auf der anderen Seite müssen uns das soziale Gefüge und die Ruhe im Land auch etwas Wert sein. Hier braucht es eine Balance. Sozialpartnerschaft ist in den USA mehr als ein Fremdwort. Palfinger ist globaler Marktführer in seinem Segment. Welches sind die großen Zukunftsthemen, mit denen Sie sich derzeit beschäftigen, um den Vorsprung nicht nur halten, sondern auch ausbauen zu können? Klauser: Da es immer weniger ausgebil dete Operator für Kräne und Hebelösun gen gibt, sind automatisierte Prozesse für unsere Kunden ein großer Trend. Alles eingebettet in das Umfeld der Nachhal tigkeit als Teil eines Businessplans. Kür zere Transportwege und weniger Ener gieverbrauch bedeuten weniger Kosten, aber auch weniger Emissionen. Drittens beschäftigt uns auch der gesellschaftli che Wandel, der sich etwa in flexiblen

3.000

2.446

2027 (Progno se)

2.226

2023

1.840

2022

1.754

1.615

1.534

1.470

2021

1.360

2019

1.230

2018

1.065

2020

2017

980

935

2016

845

2015

650

2014

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2011

Umsatzentwicklung in Mio. Euro.

2010

Worauf führen Sie das zurück, dass Europas krisenanfälliger Süden heute so gut dasteht? Klauser: Länder wie Italien und Spanien haben ihre Hausaufgaben gemacht. Sie können mit Volatilität besser umgehen und Kapazitäten, Ressourcen, Pläne den jeweiligen Gegebenheiten anpassen, wäh rend andere Manager unrund werden, wenn sie ihre Dreijahrespläne nicht abar beiten können. Zum Dritten wurden die

EU-Subventionen für massive Investi tionen genutzt, die weitere Kapitalgeber angezogen haben. Diese drei Zutaten feh len uns hierzulande. Während man bei uns von Deindustrialisierung spricht, fin det Reindustrialisierung im Süden Euro pas, speziell am Balkan, statt. Bereits vor Jahrzehnten hat Palfinger die Balkancar in Bulgarien gekauft, das war der größte Gabelstaplerhersteller in den ehemaligen kommunistischen Comecon-Staaten. Im

einen großen Knall oder Verkaufshit, son dern drehen an vielen kleinen Stellschrau ben. Wir sind im Militär- und Marinebe reich gut dabei, das Geschäft für Öl- und Gasplattformen läuft an. Hinzu kommen Produkte für Recycling- und Forstbereich – oder der Mitnahmestapler für die USA, den wir in Kooperation mit Steyr Auto motive produzieren. Damit haben wir es innerhalb von nur drei Jahren auf Platz zwei in Nordamerika geschafft.

Der zweitwichtigste Markt nach Europa sind die USA. Bald wird ein Drittel des Umsatzes von Palfinger aus dieser Region kommen.

Andreas Klauser CEO Palfinger AG

Inzwischen hat Palfinger neun verschiedene Produktlinien. Großes Potenzial sieht Klauser im Marine- und Militärbereich oder im Bereich Öl- und Gasplattformen.

FOTOS: PETER RIGAUD, PALFINGER

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