moments OÖ 07_2024 September
NACHGEFRAGT
Laufe einer Ehe gleichen sich bei sehr vielen Paaren: Es wird aneinander vor beikommuniziert und keiner versteht den anderen, es wird nur noch gestrit ten und das einst sich innig liebende Paar fühlt sich meilenweit voneinan der entfernt. Die häufigsten Fragen, die an Paartherapeuten gestellt wer den: „Wie geht das, dass wir wieder glücklich werden?“ und „Geht das überhaupt, wenn es schon so verfah ren ist wie bei uns?“. Der Wille zum Miteinander. Zwei gesunde Menschen sollten ihre Bezie hung so führen können, dass sich bei de glücklich und wohlfühlen. Daher kann man durchaus optimistisch sein, dass es Paare schaffen können, aus einer Krise gestärkt als Paar herauszu kommen und die Ehe dankbar weiter zuführen. Die Voraussetzung dafür ist, dass beide die Beziehung umgestalten wollen und es muss eine große Bereit schaft für Veränderung am eigenen
Verhalten da sein und es braucht zudem sehr viel Einsicht und Selbst kritik. Meist scheitert es leider gleich an mehreren dieser Punkte. Eine wei tere und nicht zu unterschätzende Macht liegt auch darin, wie sehr wir selbst vom eigenen Elternbild geprägt sind und wie man dieses Muster ändern kann, falls dies notwendig ist. Beziehungsmuster neu denken. Von den Erfahrungen mit unseren Eltern und aus unserer Herkunfts familie definieren wir, wer wir sind, wie wir denken, wie wir fühlen und sogar, wie unser Gehirn funktioniert. Das wissen wir vor allem aus der Bindungsforschung. Eine gute Paar beziehung oder Ehe führen zu können, setzt voraus, dass wir uns gut von den Eltern abgelöst haben. Das ist deshalb so wichtig, weil wir die (alte) Haupt bindung an die Eltern ablösen müssen, damit die (neue) Hauptbindung an den Partner entstehen kann. Sonst gibt ä
Sollen wir tatsächlich mit allen emo tionalen und auch rechtlichen Konse quenzen, die eine Eheschließung nun einmal mit sich bringt, zueinander „Ja“ sagen? Diese Frage beschäftigt viele Paare und niemand wird darauf die absolut richtige oder falsche Ant wort geben können. Das Einzige, was zählt, ist, was für einen selbst und den Partner als richtig empfunden wird. Aber natürlich gibt es viele gute Gründe für eine Ehe und neben den romantischen Gefühlen sprechen, gerade bei einer Familienplanung, auch ganz pragmatische Tatsachen für eine Eheschließung! Das wahre Kunststück liegt wohl darin, eine Ehe über einen langen Zeitraum aufrecht zuerhalten und dabei auch noch Liebe und sexuelles Begehren fürein ander zu empfinden sowie Verständ nis für die speziellen oder kleinen Eigenheiten des anderen aufzubrin gen. Klingt nach Schwerarbeit und ist es letztendlich auch. Denn von allein funktioniert das alles nicht. Ehe als Herausforderung. Wir sind im Heranwachsen selten von Partner schaften umgeben, die wir in der heu tigen Zeit als Vorbild verwenden könnten, daher fehlt es uns auch an den lebbaren Vorbildern. Dabei wäre eine beglückende Ehe prinzipiell gar nicht so schwer. So einfach es klingen mag: Nett sein zueinander und viel sowie offen miteinander reden. Auf merksam sein, nachfragen, das Gespräch suchen und großzügig sein – sowohl mit Berührungen, Blicken als KUSS AM TRAUALTAR. Ein kurzer Moment mit viel Aussagekraft und tiefen Gefühlen. S auch mit Worten – und nicht mit Komplimenten sparen! Den anderen so behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte. Die erfah rene Paartherapeutin Anna Thaler weiß über Eheprobleme sehr genau Bescheid: „Wenn man seine Ehe mit nur einer einzigen Maßnahme ver bessern will, dann sollte man die Inte ressen des Partners auf die gleiche Stufe stellen wie die eigenen. Und genau das ist für die meisten Men schen sehr schwierig.“ Liegt es viel leicht daran, dass wir zwar selbst alle bedingungslos geliebt werden möch ten, aber von uns aus sehr selten wirk lich aktiv „liebend“ zum anderen sind? Liebe bedeutet für die meisten von uns, sie lieber zu bekommen als zu geben. Wir möchten, dass der andere sich verändert und lieb zu uns ist, aber wir selbst bringen viel zu wenig Veränderungsbereitschaft auf bzw. fehlt uns teilweise das Bewusst sein dafür, dass wir etwas verändern müssten. Die häufigsten Probleme im
WAS FRAGEN SIE EIN PAAR, BEVOR SIE ES TRAUEN?
Ich frage nach ihrer bishe rigen Liebesgeschichte und möchte ihnen helfen, darin das Wirken Gottes neu zu erkennen und dass sie sich selbst als Mitgestaltende dieser göttlichen Liebes dynamik begreifen. WAS BEDEUTET EIN „JA“ VOR DEM TRAUALTAR? Sich mutig zu trauen, auf ein bewährtes Liebes- und Lebensmodell zu setzen, das – trotz aller Brüchig WIE GELINGT EINE MÖG LICHST GLÜCKLICHE EHE? Sich gegenseitig nicht zu überfordern, indem man die Erfahrung des Himmels nicht vom Partner oder von der Partnerin erwartet – so wie die gefalteten Hände die größte Basis für Berüh rung bieten, aber gemein sam doch in den Himmel verweisen. keit – ein verheißungs- volles und tragfähiges Zukunftsprojekt ist.
l
Toni Faber Dompfarrer St. Stephan dompfarre.info
RECHTSKRÄFTIG. Die standesamtliche Trauung ist rechtlich bindend und erfolgt über einen Eintrag in das Ehebuch.
FOTOS: RAWPIXEL / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, KOBUS LOUW / E+ / GETTY IMAGES, DOMPFARRE.INFO / TONI FABER
18 moments 7/2024
Made with FlippingBook - Online Brochure Maker