moments OÖ 07_2024 September
Life
PETRA STANGL-WINKLER
WORDRAP
D emenzerkrankun gen nehmen welt weit rasant zu. Wo rauf führen Sie das zurück? Dafür gibt es nach aktuellem Wissen zahlreiche Ursachen wie erbliche Vorbelastung, aber auch Folgen unse res Lebensstils wie etwa Rauchen, exzessiver Alkoholkonsum, starkes Übergewicht, Bewegungsarmut, Dia betes, Bluthochdruck, unbehandelte Schwerhörigkeit, chronischer Schlaf mangel u. v. m. Diskutiert werden auch Umweltgifte und nicht zuletzt, dass wir immer älter werden. Welche Maßnahmen lassen sich wirksam vorbeugend ergreifen? Wir können manche Risiko- in Schutz faktoren umwandeln. Das bedeutet, auf eine ausgeglichene, zuckerarme Ernährung sowie genügend Bewegung zu achten. Ebenso gilt es, Stress zu reduzieren, auch wenn das einfacher gesagt als getan ist. Unser Gehirn benötigt rund 25 Prozent der Gesamt energie unseres Körpers, darum ist auf genügend guten Schlaf zu achten, denn nur so kann es sich erholen. Viele schlafen über Jahre schlecht und haben sich so daran gewöhnt, dass sie nicht auf die Idee kommen, schlechten Schlaf behandeln zu lassen. Gleiches gilt für Depressionen, die unbedingt therapiert gehören, denn sie führen zu einer Verschlechterung der Kognition. Eine wichtige vorbeugende Maßnah me ist aber auch, immer wieder Neu es zu lernen, also sein Gehirn wirklich gezielt und stetig zu fordern. Aktuell geht man davon aus, dass rund 40 bis 45 Prozent der Demenzen durch eine Verbesserung des Lebensstils verhin dert werden könnten! Wann wird aus „normaler“ Vergesslichkeit eine Krankheit? Es ist normal, etwas zu vergessen, was oft mit Ablenkung zu tun hat. Vergessen als mögliche Krankheit bedeutet, wenn jemand über einen
längeren Zeitraum das Gefühl hat, sich an Gespräche, Namen oder Erlebtes nur teils oder nicht mehr erinnern zu können. Dann ist es wichtig, abklären de Maßnahmen zu ergreifen, denn nicht jede Gedächtnisstörung muss gleich Demenz sein, da Schilddrüsen- oder metabolische Probleme wie auch Hormonstörungen unser Gedächtnis beeinflussen können. Ist das Fortschreiten einer Demenz- erkrankung aufzuhalten? Wird die Krankheit durch eine fach ärztliche Untersuchung festgestellt, ist eine Heilung nach aktuellem wissen schaftlichem Stand nicht möglich. Die Gabe von Antidementiva kann das Voranschreiten jedoch verzögern und so Alltagsfertigkeiten länger erhalten. Mir ist es besonders wichtig, auch die Vorstufe – im Fachbegriff als Mild Cognitive Impairment (MCI) bezeich net – in Betracht zu ziehen, die verein zelte, aber bereits messbare Defizite in den Hirnleistungen mit sich bringt. Nach aktueller Studienlage können rund 50 Prozent der Betroffenen stabi lisiert werden oder sich Symptome sogar zurückbilden. Mein Fazit: Beim ersten „Mit meinem Gedächtnis stimmt etwas nicht“ dies unbedingt abklären und ab 60 die kognitiven Leistungen vorsorglich durchchecken zu lassen. Was umfasst Ihr Therapieansatz? Die Angehörigenberatung und die Begleitung sind das A und O. Wissen der Partner oder die Kinder mit Ver haltensveränderungen umzugehen, schafft dies Sicherheit, die auch der Erkrankte spürt. Bei beginnender Demenz bietet sich ein kognitives Training der betroffenen Funktions bereiche an. Bei einer milden kogni tiven Beeinträchtigung besteht drin gender Handlungsbedarf, der im Rahmen eines Behandlungsplans samt intensivem, regelmäßigem Trai ning erarbeitet wird. Im individuel len Gespräch werden alle zur Verfü gung stehenden therapeutischen Möglichkeiten bis hin zur psychiatri schen Begutachtung, Schlafsanierung oder Stressreduktion angeboten. v
DEMENZ ist zum Vergessen
Ein guter Tag beginnt … mit einer Tasse Kaffee. Mich gibt‘s niemals ohne … Wimperntusche. Freundschaft ist … kostbar. Meine Stärken sind … Diszi plin, Fleiß und mein Mann. Wäre ich ein Tier, … dann wäre ich ein Adler. In meiner Freizeit genieße ich ... mein Zuhause mit Blick auf die Steyr und die Kochkünste meines Mannes. Weinen muss ich … bei traurigen Filmszenen, selbst bei Cartoons. Grantig werde ich, ... wenn ich hungrig bin. Mein geheimes Laster ist ... ein gutes Glas Wein. In 5 Jahren ... habe ich hof fentlich mein zweites Buch erfolgreich veröffentlicht. Name: Petra Stangl-Winkler Geburtsjahr: 1969 Beruflicher Werdegang: Studium der Psychologie, klinische Ausbildung Neuro med Campus Linz, praktische neuropsychologische Ausbil dung – seit 2014 zusätzlich in der eigenen Praxis tätig Familienstatus: verheiratet Lieblingszitat: „Ein Optimist ist ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind.“ (Karl Valentin) STECKBRIEF
Prävention. Als Klinische und Gesundheitspsychologin in der eigenen Praxis sowie seit vielen Jah ren als Klinische Neuropsychologin im Krankenhaus Steyr schlägt die smarte Expertin dem Vergessen ein Schnippchen – und das mit der Extraportion Humor.
VON JOHANNA LENGAUER
Fachliteratur gibt es genug – mit einer Prise Humor und vor allem für jeden verständlich, beschreibt Petra Stangl-Winkler in ihrem Buch den Weg zur Demenzprävention.
FOTOS: CHRISTIAN HOLZINGER
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