Weekend Karriere Tirol 2024 KW38

SCHULE & BILDUNG

T ikTok, Snapchat und Ins tagram – Apps, die junge Menschen fast genauso sehr brauchen wie Luft zum Atmen. In dieser vir tuellen Bubble spielt sich für viele ein großer Teil des Lebens ab. Den Druck, immer erreichbar sein zu müssen, ken nen und verspüren demnach vor allem Jugendliche. Doch das Problem fängt bereits im Kindesalter – mit gerade ein mal zwei, drei Jahren – an. Eltern grei fen immer häufiger zu Tablets, um ihre Kinder für kurze Zeit zu beschäftigen und um selbst eine kurze Pause erha schen zu können. Die Folgen? „Kleinkin der, die häufig Medien konsumieren, tun sich schwerer beim Erlernen unserer Sprache, schlafen schlechter und sind oft motorisch unruhig“, erläutert Lukas Wagner. Er arbeitet als Psychotherapeut sowie als Medien- und Sexualpädagoge in Graz, gibt regelmäßig Vorträge zum Thema digitale Medien und spricht über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Kinder und Familien. Eine Abwärtsspirale. Dass die Lage bei Jugendlichen nur noch ernster wird, zeigen bereits einige Studien.

Kinder und Jugendli che verbringen viel weniger Zeit in der realen Welt als je zuvor.

Der US-Soziologe Zach Rausch sprach in einem Interview mit dem ORF sogar von einem gesundheitli chen Notstand. Die Depressionsrate bei Teenagern habe sich seit 2010 in den Vereinigten Staaten mehr als ver doppelt. Auch Wagner weiß genau, was Social Media mit der menschli chen Psyche machen kann. Er erklärt: „Je mehr Zeit die Jugendlichen mit sozialen Medien verbringen, desto

höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Angststörungen sowie Ess störungen entwickeln und beginnen, sich selbst zu verletzen.“ Zu den Hochrisikogruppen zählen vor allem junge Mädchen, die am Beginn ihrer Pubertät stehen. Fehlende Sicherheit. Das Internet ist kein kontrollierbarer Raum. Eine Tat sache, die vielen Eltern zwar bewusst ist, aber die trotzdem immer wieder ver nachlässigt wird. „Niemand fährt mehr mit dem Auto und fotografiert heimlich Kinder am Spielplatz, sondern die Kin der werden direkt auf Instagram oder TikTok angeschrieben“, so Wagner. Da durch ist es fast unvermeidbar, dass be reits 10-Jährige mit Pornografie in Be rührung kommen. Auch der US-Sozio loge Zach betont: „Es gibt nur sehr we nige Schutzmaßnahmen oder Regulie rungen, um Kinder vor den verschiede nen Gefahren zu schützen, die auf den Plattformen auftreten können.“ Handyfreie Zonen. Die Digitalisie rung schreitet immer weiter voran und besonders die zukünftigen Gene rationen werden sich noch früher mit den digitalen Medien befassen. Die Lösung? Genau hier müsste die Handbremse gezogen werden. „Kin der sollten so spät wie möglich ein ei genes Smartphone bekommen, zu mindest sollte die Nutzung von Soci-

BUCHTIPPS:

Unsere Kinder in der digitalen Welt: Potenzial statt Panik. Ein Eltern-Guide, um Kinder in der Welt der Medien zu unterstützen. Lukas Wagner, Leykam Verlag Preis: 19,50 Euro

Generation Angst: Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlie ren und ihre psychische Gesund heit aufs Spiel setzen. Jonathan Haidt, Rohwohlt Verlag Preis: 26,– Euro

FOTOS: OBEN: ISTOCKPHOTO.COM/ DOLGACHOV, ROHWOHLT BUCHVERLAG, LEYKAM BUCHVERLAG

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