Weekend Magazin Vorarlberg 2024 KW40

LEBENSART

Brandneue Hauptstadt Aus einer Notwendigkeit he raus ist dieses Wahn sinnsprojekt entstanden: die Planstadt Nusantara, die neue Hauptstadt Indonesi ens. Schon seit den 1960er-Jahren gibt es Pläne, die Hauptstadt zu verlegen – Jakarta platzt aus allen Näh ten, v. a. aber die Grund absenkung und der steigende Meeresspiegel stellen eine große Gefahr dar. Unter Prä sident Jokowi wurden die Pläne 2019 schließlich kon kretisiert und die Provinz Kalimantan Timur auf Bor neo als neuer Sitz der Haupt stadt verkündet. Pandemie bedingt begann die Umset zung erst Mitte 2022, und an statt der geplanten Einwei hung wurde Mitte August

2024 lediglich der indonesi sche Unabhängigkeitstag ge feiert – immerhin aber schon in der neuen, noch unferti gen Hauptstadt Nusantara. Denn auch wenn schon eini ge Regierungsgebäude sowie die gigantische Residenz des Präsidenten in Form eines riesigen Adlers fast fertig sind, Infrastruktur, Wohn häuser, Schulen und Kran kenhäuser für bis zu zwei Millionen Menschen sind es noch lange nicht – die Fertig stellung der Hauptstadt könnte nach aktuellen Anga ben bis 2045 dauern. Übri gens ist auch die Aufbrin gung der Kosten in kolpor tierter Höhe von 30 Milliar den Euro laut Berichten nicht sichergestellt – wir bleiben gespannt. V Neue Hauptstadt Nusantara wurde als Smart City auf dem Reißbrett ge- plant, mit vielen Grünflä chen, erneuerbarer Energie und Flugtaxis, die das Stadtbild prägen sollen. Trotzdem kam vonsei ten der Umweltschützer massive Kritik – wertvol le Ökosysteme würden zerstört und Dschungel vernichtet.

schwemmungen und Was serschäden, defekte Aufzüge, Klimaanlagen und Müll schlucker sowie unerträgli che Vibrationen und Geräu sche sollten ein Wohnen un möglich machen – von den Bewohnern werden laut An klageschrift aktuell rund 115 Millionen Euro plus Scha denersatz gefordert. Altstadt muss weichen Maßlosigkeit macht freilich auch vor Regierungsober häuptern nicht halt – der eine oder andere „Staats mann“ nutzte daher auch seine Amtszeit, um sich ein bauliches Denkmal zu setzen. Wie der von 1965 bis 1989 diktatorisch regierende ru mänische Staatspräsident Ni colae Ceausescu, der sich ei

nen irrsinnigen Parlaments- palast in der rumänischen Hauptstadt Bukarest bauen ließ. Entworfen hat den Pa last die rumänische Archi tektin und spätere Politikerin Anca Petrescu. Um Platz für den Megabau zu schaffen, der eine Baufläche von 65.000 Quadratmetern um fasste (Nutzfläche rund 365.000 Quadratmeter), wur den rund 40.000 historische Wohnhäuser in der Altstadt, ein Dutzend Kirchen und drei Synagogen abgerissen, unzählige Menschen wurden umgesiedelt. Auch ein Klos ter sollte abgerissen werden, wurde nach weltweiten Pro testen aber verschont und nur um Hunderte Meter ver schoben. Geschätzte Baukos ten: 3,3 Milliarden Euro.

FOTOS: EMICRISTEA/ISTOCK/GETTY IMAGES, FIRDAUS WAJIDI/ANADOLU/ABACAPRESS.COM/VIENNAREPORT

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