Pflege, Betreuung & Vorsorge Steiermark 2024 KW38
Pflege u Betreuung u Vorsorge
fünf oder mehr Stunden am Tag mit der Pflege. Viel Verantwor tung, aber auch eine große kör perliche Belastung für so kleine Menschen. Viele von ihnen wachsen in die Rolle hinein. „Wenn eine alleinerziehende Mutter eine chronische Krank heit und ein Kind hat, springen Minderjährige einfach ein, es ist für sie normal, zu helfen“, sagt Martin Nagl-Cupal, Kranken pfleger und Pflegewissenschaft ler der Uni Wien. Vor einigen Jahren hat er dazu eine Studie gemacht und aufgezeigt, dass 3,5 Prozent aller Minderjähri gen Krankenpflege leisten. Probleme im Alltag. Vielen Betroffenen ist es oft gar nicht bewusst, was sie leisten und sie verzichten dabei auf Dinge, die in ihrem Alter normal und wich tig wären – etwa Hobbys oder schulische Aufgaben. Statt mit Gleichaltrigen zusammen zu sein, schildern Betroffene, dass es ihnen wichtiger ist, zuhause zu sein. Sie wollen ihre ohnehin schon kranken Eltern nicht mit ihren Sorgen und Ängsten belas ten und behalten diese für sich. Verstecktes Phänomen. Über das Thema wird oft nicht gesprochen. Die Kinder wollen gar nicht, dass es etwas Beson
und es gibt auch mehr Bemü hungen und Unterstützungs maßnahmen. Viele betroffenen Familien haben große Hemmun gen, jemanden Dritten ins Haus zu lassen. Allein sie zu erreichen ist aufgrund der Tabuisierung des Themas immer noch schwer. Daher geht es am Ende des Ta ges um viel Bewusstseinsbil dung, um auch den Kindern und Familien zu vermitteln, dass es nichts Schlechtes ist, wenn man sich Hilfe holt. Wenig Hilfe. Auch wenn pfle gende Kinder einen anderen Alltag haben als viele ihrer Freunde, meistern sie ihr Leben und die Schule großartig. „Ich kenne so viele von ehemaligen Young Carers, aus denen erfolg reiche erwachsene Menschen wurden“, betont der Pflegewis senschaftler. Wichtig ist es aber, dass sie nicht allein sind mit ihren Sorgen. Auf sie darf nicht vergessen werden. u
Sie leben ständig mit der Sorge, dass etwas mit dem Familienmit glied sein könnte. Oft kommt bei ihnen selbst der Spaß zu kurz und sie suchen sich ein Hobby zu hause.
Martin Nagl-Cupal Pflegewissenschaftler der Uni Wien
deres ist, was sie da tun. Die Studie hat zwar viel Aufmerk samkeit in Österreich erzeugt
„Young Carers“ leisten viel, es ist ihnen aber in vielen Fällen unangenehm, sich anderen Menschen anzuvertrauen.
FOTOS: UNIVERSITÄT WIEN/DERKNOPFDRÜCKER, FIZKES/ISTOCK.COM
21
Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online