CHEFINFO 07_2024 September
WIRTSCHAFT
INFOS Donnerstag, 19. September 2024, Beginn 09:00 Uhr, Wirtschaftskammer OÖ, Hessenplatz 3, 4020 Linz Im toten Winkel des Marke tings. Verborgene Potenziale – übersehene Chancen Erkunden Sie den „Toten Win kel“ des Marketings: Verborge ne Potenziale und übersehene Chancen für das strategische, marktorientierte Management. Von Zielgruppen über Kom munikationsweisen bis hin zu Technologien – was entgeht uns? Eine Rückbesinnung auf die Breite der Perspektiven des Marketings ist notwendig, ohne dabei die Chancen der heuti gen Zeit zu vernachlässigen. Ein ganzheitlicher Ansatz für nachhaltigen Marketing-Erfolg. Wir freuen uns auf hochkarätige Speaker: Volker Hornsteiner Management Consultant von KIKA/Leiner Gerti Senger Klinische Gesundheitspsycho login & Psychotherapeutin Stephan Ludwig Autor, Fachmann für Medien und Gründer von AMP Ventures Iris Schmidt Landesgeschäftsführerin des AMS Oberösterreich Ali Mahlodji Gründer von whatchado.com Nähere Infos und Anmeldung unter: marketingclub-linz.at/mfl2024 Professor für Marketing an der Monash University in Melbourne Martin Andree
damit diesen Tech-Unternehmen unsere zukünftige politische Öffentlichkeit quasi gehört. Aber eben auch für die Wirtschaft, weil Monopole immer sehr negative Fol gen für Wirtschaftsteilnehmer haben.
nis einer Fehlregulierung. Diese besteht dar in, dass die großen Plattformen regulato risch wie Infrastrukturbetreiber behandelt werden, während andere Medien zum Bei spiel anders reguliert sind. Sie monetari sieren aber Inhalte wie jedes redaktionelle Medium. Ich schlage deshalb eine Liberali sierung der digitalen Märkte vor. Wichtig ist die Ermöglichung von Chancengleichheit, die durch diese aktuelle Fehlregulierung aktiv verhindert wird. Monopolisten haben natürlich großes Interesse daran, den Sta tus quo beizubehalten. Sie arbeiten mit dem Narrativ, dass Bürokraten das Netz regu lieren wollen. Dabei ist genau das Gegen teil der Fall. Und übrigens niemand regu liert härter und gnadenloser als Big Tech, nämlich in ihren eigenen Plattformen. Denn da gehört ihnen quasi die Rechtsprechung. Kann digitales Marketing an Facebook Anzeigen und YouTube-Werbung noch vorbei? Andree: Unter monopolistischen Bedin gungen haben wir keine Möglichkeiten, an diesen Riesenplattformen vorbeizuar beiten. Ich verkaufe mein Anti-Big-Tech Buch auch auf Amazon, weil ich keine andere Wahl habe. 90 Prozent aller Online Buchverkäufe gehen über Amazon. Das ist die Problematik der Zukunft. Dann kön nen wir Kritik an Big Tech nur noch auf ihren digitalen Plattformen äußern. Ihre Kritik richtet sich gegen US- Konzerne. Wie sehen Sie die Vorstöße asiatischer Konkurrenz wie TikTok? Andree: TikTok ist sehr stark gewor den, das Problem der Monopole sehe ich jedoch hauptsächlich bei den amerikani schen Anbietern. Es ist aber eine Ironie des Schicksals, dass TikTok, das unter dem Schutzschirm einer diktatorischen Digitalwirtschaft entstanden ist, die einzi ge Ausnahme darstellt, bei der es ein neu er Wettbewerber geschafft hat, gegen die US-Monopole nennenswerte Nutzungs zeiten aufzubauen. Deswegen zeigt sogar TikTok aus einer anderen Perspektive, wie problematisch diese monopolisierte digi tale Wirtschaft ist. n
Laut Martin Andree geht eine große Gefahr für Demo kratie und Wirt schaft von der digitalen Monopo lisierung durch US-Konzerne aus.
Die Problematik der Zukunft ist, dass wir Kritik an Big Tech nur noch auf ihren digitalen Plattfor men äußern können.
Martin Andree Medienwissenschaftler
Diese Monopolisierung kritisieren Sie in Ihrem Buch „Big Tech muss weg!“. Was ist Big Tech? Andree: Also es gibt die EU-Definition der Very Large Platforms. Aber hier geht es insbesondere um die ganz großen fünf. Das sind, Medienöffentlichkeit betreffend, vor allem Alphabet und Meta. Aber natür lich auch Apple, Amazon und Microsoft. Das Internet wurde für seine Demo kratisierung von Wissenserzeugung gepriesen. „User-generierte Inhal te“ statt mächtiger Leitmedien. War das ein Irrglaube? Andree: Natürlich war das Internet, vor allem das World Wide Web, erfunden durch Tim Berners-Lee im Jahr 1989, demokratisierend. Das steht außer Frage. Was aber natürlich dann in den 2000ern begonnen hat, war, dass eben Plattformen durch Netzwerkeffekte sich den Traffic aus diesem Internet in monopolistische Silos ziehen. Das haben wir damals nicht verstanden. Traffic außerhalb der gro ßen Plattformen findet jetzt kaum noch statt. Und damit ist eigentlich das, was ursprünglich einmal demokratisierend war, in das Gegenteil umgeschlagen. Braucht es Intervention durch die Poli tik, um einen Gegentrend zu setzen? Andree: Das klingt jetzt nach Bürokra tie. Eigentlich ist aber das Gegenteil der Fall. Diese Monopolisierung ist das Ergeb
Der Kampf gegen digitale US-Monopole
BIG TECH. Dem unglaublichen Einfluss, den US-Konzerne auf Medien, Demokratie und Wirtschaft ausüben, widmet sich Medienwissenschaftler Martin Andree in seinem Vortrag auf dem diesjährigen Marketing Forum. CHEFINFO hat vorab mit ihm gesprochen.
INTERVIEW: Michael Schwarz
N ach einer zweijährigen Pause legt das Marketing Forum sein Comeback hin. Und vieles ist neu bei dem bekannten Branchenevent. Im Mittelpunkt stehen Interaktion und Diskurs. Statt klassischen Vorträgen setzt man auf den Austausch mit dem Publi kum. Außerdem hat man sich für eine
CHEFINFO: Zu welchem Thema wer den Sie am Marketing Forum 2024 sprechen? Martin Andree: Thema wird sein, dass unsere digitale Medienwirklichkeit durch ganz wenige Tech-Unternehmen abge deckt wird. Und das hat sehr negative Folgen. Einerseits für die Demokratie, weil
neue Location entschieden: das modern eingerichtete Haus der Wirtschaft. Teil nehmer des Marketing Forums können sich auf „Out oft the Box Thinking“ von Experten freuen, so Christoph Teller, Prä sident des Marketing Club Linz. Einer dieser Experten, der die großen Heraus forderungen anspricht, ist Martin Andree.
FOTO: THOMAS FEDRA
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