CHEFINFO 07_2024 September
BILDUNG
70 Prozent geringere Kosten
KI verändert nicht nur die Art der Wissensauf nahme, sondern auch die Art der Wissensver mittlung. Sie hat dabei einen zentralen Vorteil: Sie holt die Schüler dort ab, wo sie stehen.
verzeichnete Bosch beim Erstellen von Schulungs unterlagen mittels KI.
Tools wie „Learnboost“ auf den Punkt gebracht. Das bei Studierenden beliebte KI-Tool bietet zudem einen Tutor, der offene Fragen ohne langwierige Recher che klärt. KI verkürzt auch die Vorberei tungszeit von Trainern in der Erwachse nenbildung oder Mitarbeiterschulungen. BSH (Bosch) mit seinen 60.000 Mitar beitern weltweit setzt bei der Wissens vermittlung Videos und Clips ein. Das Problem: Die Produktion war aufwendig und es mussten mehrere Sprachversio nen gedreht werden. Man setzte auf ein Text-to-Video-KI-Modell von synthesia. Schulungstexte wurden mit KI opti miert, KI erstellte die Grafiken und der Text wird über einen Avatar gesprochen – in allen Sprachen. Die Kosten sanken um 70 Prozent, das Engagement der Ler Mittlerweile gibt es eine Fülle von KI Tools zur Mitarbeiterschulung, die es selbst kleineren Unternehmen ermög lichen, rasch und kostengünstig Schu lungsmaterial zu erstellen. Produkte wie Coursebox gehen einen Schritt wei ter. Es bietet ein KI-Nachhilfetool und Quizze, um das Wissen der Teilnehmer abzufragen. Große Konzerne wie Coca Cola oder Audi setzen auf EdApp. Das Tool verfügt bereits über eine Bibliothek von mehr als 1.000 Kursen, die an das jeweilige Unternehmen angepasst wer den können. Anwendungen wie croq oder Courseau erstellen Schulungsun terlagen und -videos in kürzester Zeit. Mit nur wenigen Fragen zu den Inhal ten, der Zielgruppe oder den Lernergeb nissen entstehen innerhalb von Minu ten professionelle Unterlagen, die dann nach Belieben angepasst werden kön nen. KI stellt damit die klassische Form der Wissensvermittlung auf den Kopf, denn nun können die Lernenden selbst entscheiden, wann sie welche Inhalte wo lernen wollen, ob in der Schule, auf der Uni oder in Unternehmen. n nenden stieg um 30 Prozent. Schulungsunterlagen in Minuten
FOTO: METAMORWORKS / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS KI ist gekommen, um zu bleiben, und zog rasch in die Wissensvermittlung ein. Der öbv (Österreichischer Bundesverlag Schulbuch) veröffentlichte kürzlich ein Whitepaper mit dem Titel: „KI im Klas senzimmer: Wie künstliche Intelligenz Bildung verändert“. Befragt wurden Schüler und Lehrpersonal. 74 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass KI in den nächsten zehn Jahren zu einem selbstverständlichen Teil des Unter richts wird. 56 Prozent halten den Ein satz allerdings erst ab Sekundarstufe II für sinnvoll. Rund die Hälfte der befrag ten Lehrkräfte sieht KI im Umgang mit heterogenen Klassen hilfreich an, wenn gleich 54 Prozent von ihnen die KI Kompetenz der Schüler noch für unter durchschnittlich einschätzen. Spannend auch, dass 57 Prozent der Lehrkräfte KI als Gefahr für die Bildungsgerechtigkeit sehen. Christina Hauer, Geschäftsfüh rerin des öbv, betont: „Alle Beteiligten sind gefordert, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Schüler den best möglichen Umgang mit der neuen Tech nologie erlernen.“ dierende, die als „early adopter“ sofort das Potenzial erkannten. Mit KI wurden Hausübungen erledigt, Referate verfasst, Bachelor- und Masterarbeiten geschrie ben. Der erste Reflex seitens der Lehr kräfte war der Ruf nach einem strikten Verbot. In nur wenigen Monaten hat sich dieser Trend nun umgekehrt. Man erkannte die Chancen. Das Bildungsmi nisterium startete sogar eine KI-Offen sive. Rund 100 Schulen in Österreich werden zu KI-Pilotschulen, bekamen KI-Lernsoftware und ein Projektbud get. Diese Schulen sollen Chancen und Grenzen von KI im Bildungssystem auf zeigen. Begleitet werden die Pilotschulen von Universitäten und pädagogischen Hochschulen, die wissenschaftlich fun dierte Empfehlungen für einen künfti gen kompletten Roll-out erstellen sollen. Demokratisierung der Wissensvermittlung
Perfektion braucht „echte“ Lehrer
KI in der Wissensvermittlung bietet im Gegensatz zu „Frontalunterricht“ einen zentralen Vorteil: Wissen wird „demo kratisiert“ und individualisiert. Das wird mit den unzähligen Lern-Apps deutlich. Die ersten Apps, die KI nutz ten, setzten auf den Musikunterricht. Heimische Startups wie die Gitarren lern-App fretello standen an vorders ter Front. Mittlerweile liegt der Fokus auf dem Sprachunterricht. Zu den Eta blierten wie babbel oder Duolingo, die ihre Dienstleistung mit KI-Tutoren bzw. Avataren ausstatteten, gesellen sich neue hinzu. Preply, Rosetta Stone und Pro dukte, die auf ChatGPT zurückgrei fen wie TalkPal oder Praktika, setzen auf Konversation. In Dialogen mit dem Avatar können gezielt ausgewählte The menkreise wie Wirtschaft, Politik oder Sport absolviert werden. Der Avatar gibt Tipps, wie man Phrasen oder Vokabel besser ausdrückt, und korrigiert Fehler. Der Vorteil: Die Avatare erkennen durch geschickte Fragen sehr rasch das Sprach niveau der Schüler. Unter- oder Überfor derung scheinen damit ausgeschlossen. KI erkennt bzw. lernt das Niveau und holt Lernende dort ab, wo sie stehen, egal in welchen Fächern. Mittlerweile gibt es für so ziemlich jedes Fach KI-gestützte Lernhilfen. Wer es jedoch zur Perfek tion bei Gitarrensoli oder auf Native- Speaker-Niveau bringen will, der wird nach wie vor auf „echte“ Lehrer zurück greifen müssen. KI-gestützte Lernplatt formen zielen auf die breite Masse ab. Demokratisierung des Lernprozesses Dazu kann KI den Lernprozess effizien ter gestalten. Hunderte Seiten von Skrip ten und Lernunterlagen werden mit KI
Künstlicher Instruktor KI UND WISSENSVERMITTLUNG. In kaum einem Bereich hat KI bisher mehr bewegt als in der Wissensgenerierung und -vermittlung. Stellt KI tradiertes Lernen auf den Kopf und wie können Unternehmen davon profitieren?
TEXT: Jürgen Philipp
K I hat in kürzester Zeit viele Bereiche unseres Lebens durch drungen. Wir haben KI-Assis tenten in Suchmaschinen, am Smart phone oder im Auto. Sie unterstützt uns beim Abnehmen, Trompetespielen und natürlich auch beim Lernen. KI weiß, wie lernen geht, schließlich musste sie selbst
len generativen KI-Modelle bereits das Potenzial, die bisherige Art der Wissens vermittlung zu „terminieren“. Von der Gefahr zur Chance Mit dem Launch von ChatGPT und der damit verbundenen Öffnung von KI für alle, waren es vor allem Schüler und Stu
einmal trainiert werden. Eine „starke KI“ oder auch „Superintelligenz“, die sich selbst trainiert, eigenständig Schlüsse zieht und universell einsetzbar ist, gibt es derzeit nur in der Theorie oder in der Science-Fiction. „Data“ aus der Serie Star Trek oder der „Terminator“ wären Bei spiele dafür. Dennoch haben die aktuel
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